... seit Langem einmal wieder


Nach einer lange andauernden Regenperiode war ich endlich einmal wieder mit der Kamera am späten Nachmittag losgezogen. Ich hoffte eigentlich ein paar Rehe zu sehen - am liebsten im gerade blühenden Raps. Darauf warte ich schon lange.

Dann kam alles jedoch ganz anders. Gerade hatte es etwas aufgeklart, doch war die Wetterlage alles, bloß noch nicht sicher. Im Westen zog schon die nächste dunkle Regenfront heran. Nach erfolgloser Suche in den Rapsfeldern führte mein Weg in den nahegelegenen Wald. Vielleicht hatte ich Glück und traf ein Reh? Doch es sollte noch besser kommen.

Auf möglichst leisen Sohlen schlich ich den Forstweg entlang. Augen und Ohren waren auf vollen Empfang gestellt. Alle Sinne sondierten mit Unterstützung meines Fernglases die nähere und weitere Umgebung. Oh, fast hätte ich sie übersehen. Nicht weit vom Weg saß still eine Singdrossel. O.k., wenn ich kein Reh sehen sollte, hätte ich wenigstens eine wunderschöne Drossel im Bild festgehalten. In diesem Moment konnte ich noch nicht ahnen, dass der frühe Abend noch eine richtige Überraschung für mich bereithielt.

Leise zog ich weiter und war dabei froh, dass das Wetter Jogger, Spaziergänger, Radfahrer und Co. abgehalten hatte, in den Wald zu gehen. Vorteil an diesem Abend: Ich hatte den Wald quasi für mich. Dann kam die Überraschung. Eine kleine Schneise gab den Blick in den Wald hinein frei. Und was sah ich da? Gleich mehrere Wildschweine, die nach Nahrung suchten. Leise und behutsam ging ich auf dem Schotterweg auf die Knie und nahm vorsichtig die Kamera hoch. Auf dem Waldweg knieend schoss ich ein Bild um das andere. Ich wollte unbedingt schöne Aufnahmen haben, wenn ich endlich einmal wieder Schweine antraf. Dass ich Wildschweine so im Wald traf und fotografieren konnte, ist schon viele Jahre her. Damals war die Begegnung von recht kurzer Dauer und bei noch schlachten Lichtverhältnissen. Dann hatte ich einmal eine Wildsau aus dem Schlaf aufgeschreckt, die erschreckt davonsprang. Ein anders Mal konnte ich eine Bache flüchtig mit einem Frischling durchs Gesträuch beobachtet. Alle weiteren Wildschweinsichtungen waren von durch den Forst eingerichteten Wildbeobachtungsstationen aus. Vorteil solcher Wildbeobachtungsstellen ist klar der "geschütztere" Rahmen.

Jüngst kniete ich also auf dem Forstweg und durfte sicher wenigstens fünf bis zehn Minuten lang in aller Ruhe den Wildschweinen zusehen. Trotz allen Fotografierens, sondierte ich immer wieder die Umgebung. Ich wollte keinesfalls von weiteren, vielleicht näherrückenden Schweinen, überrascht werden. Vor allem als ich feststellte, dass mindestens fünf quicklebendige Frischlinge zwischen den drei Bachen im Gras herumwuselten, wollte ich vorsichtig sein. Leider waren das Gras so hoch oder eben die Frischlingen noch so klein, dass der Nachwuchs nicht so richtig fotografiert werden konnte.

Fasziniert und zugleich mit einer warnenden Vorsicht kniete ich so lange auf dem Schotterweg. Immer wieder schaute eine der Bachen prüfend in meine Richtung, um dann gleich wieder weiter auf dem Boden nach Nahrung zu suchen. Vermutlich hätte ich noch eine ganze Weile zusehen können. Doch zum Einen begann bald die Dämmerung. Zum Anderen war mir die dunkle Regenfront von Westen gefolgt. Plötzlich war das Licht weg. Weiteres Warten hatte keinen Zweck. Leise erhob ich mich und schlich mich davon. Ich wollte ja keineswegs die Wildschweine aufscheuchen. Ob sie mich beim Weggehen noch bemerkten und dann auch das Weite suchten oder sahen, dass ich ohne böse Absichten davonschlich, weiß ich nicht.

Später traf ich dann noch drei Rehe, aber das Fotolicht war endgültig verschwunden. Noch bevor ich richtig den Nachhauseweg angetroffen  hatte, war die Regenfront auch schon über mir und begann abzuladen. Regenfront! Das war schnell kein Regen mehr. Bald schon klatschte nasser Pappschnee auf mich herab. Doch gerne nahm ich das in Kauf. Das eben Erlebte war es allemal wert, an diesem Abend hinausgegangen zu sein.