Focus Stacking

... oder wie man mehrere Schärfeebenen zu einem Foto zusammenfügt

junge Erdkröte

Faszinierend - eins: Jeder der zum ersten Mal ein Makro mit dieser Technik gesehen hat, wird gestaunt haben, wie plastisch so etwas wirkt. Es lassen sich Details im Bild einfangen, die mit herkömmlicher Technik in dieser Art nicht in einem Bild festgehalten werden können.

Faszinierend - zwei: Es funktioniert - zumindest vom Prinzip einfach. Es braucht keine neue Ausrüstung, keine exotische Spezialkamera und womöglich kann man mit der vorhandenen Software arbeiten. Photoshop funktioniert jedenfalls recht gut. Müsste auch über das OpenSource-Programm Hugin funktionieren. Bevor ich mit Photoshop arbeitete, hatte ich mit diesem Programm jedenfalls gute Erfahrungen für Panoramabilder gemacht.

Faszinierend - drei: So simpel alles klingt, so aufwendig - zumindest in der Nachbearbeitung - ist die ganze Sache. Zuerst einmal benötigt man eine Fülle von Einzelbildern. Will man ein Objekt von vorne bis hinten scharf abbilden, muss man den kompletten Tiefenschärfebereich in mehreren Einzelaufnahmen abbilden, die man später wieder zusammensetzt. Das bedarf ein Objekt, das so lange wenigstens annähernd stillsitzt. Später werden dann diese zehn oder mehr Einzelbilder wieder zusammengesetzt. Das braucht Rechenleistung und Zeit. Je höher auflösend deine Aufnahmen sind, desto länger kannst du zwischendurch Kaffee trinken gehen. Gleiches gilt für die Anzahl der Aufnahmen.

Howto ...

... Wie mache ich das nun?

 

Im Netz gibt es viele tolle Tutorials zu diesem Thema. Deshalb werde ich hier keine neue Anleitung verfassen, sondern vielmehr den Schwerpunkt auf meine Erfahrungen legen.

  1. Bildmaterial - Zuerst muss ich Bilder erstellen, die sich später wieder zusammenfügen lassen.
    • Ganz entspannt geht das bei Objekten, die sich nicht bewegen. Da kann man in Ruhe sein Stativ aufstellen und mittels Balggerät oder Makroschlitten Bild für Bild die gewünschte Schärfenebene abfahren.
    • Bei Tieren - die werden für Aufnahmen nicht einfach getötet! - benötigt es Geduld. Oft sehr viel Geduld. Da muss man abwarten, bis ein Insekt oder ähnliches sich wo ruhig niederlässt. Das kann dauern, funktioniert aber. Hin und wieder nehme ich einmal ein kleines Krabbeltier mit ins Haus und entlasse es baldmöglichst wieder nach der Fotosession.
    • Im Outdoor-Bereich geht das durchaus mobil. Obiger Frosch wurde so aufgenommen. Wichtig ist dabei, dass man die Kamera oder zumindest die haltende Hand wo aufstützen kann. Mir hilft dabei ein BeanBag und/oder eine selbstgebaute Blitzschiene für Makroaufnahmen.
    • Wenn ich direkt am PC arbeite, oder mobil ein Laptop/Tablet einsetzen kann, lässt sich die ganze Sache etwas automatisieren indem man die Aufnahmen via Remote Control erzeugt. Hier kann der Schärfebereich und die Anzahl der Fotos gewählt werden. Danach fährt das Programm die Aufnahmenserie selbst. Mit digiCamControl (Open Source) und Nikon-Kameras funktioniert das prima. Orginal hat z.B. Nikon auch entsprechendes Remote-Programm im Angebot: Camera Control Pro 2
    • Bei der Aufnahme der Bilder ist darauf zu achten, dass die Belichtung der Einzelaufnahmen möglichst identisch ausfällt. Im Idealfall sollte man vorab möglichst eine Zeit-Blende-Kombination ermitteln und manuell einstellen sowie diese für alle Aufnahmen beibehalten. Soviel jedenfalls zur Theorie. In der Praxis funktioniert das bei statischen Sachen unter "Studio-Bedingungen". Bei bewegten Objekten und/oder wechselnden Lichtverhältnissen im Outdoorbereich kann das schnell eine Herausforderung werden. Wie man dennoch gut damit umgehen kann, werde ich weiter unten bei der Raw-Entwicklung noch anmerken.
      • Für die Bildanzahl muss folgendes bedacht werden:
      • Je größer der Abbildungsmaßstab ist, desto geringer wird die Tiefenschärfe. Möchte man dennoch einen großen Schärfebereich abdecken, bedarf es vieler Einzelaufnahmen, die sehr nahe beieinander liegen.
      • Sicherlich ist es jedoch nicht immer nötig, dass von vorne bis hinten alles super scharf ist. Oft wird es genügen, dass ich z.B. aus dem Kopfbereich eines Insekts alles an Details heraushole, was möglich ist. Mit einer solchen Auswahl beschränkt sich dann die Anzahl der Aufnahmen wieder, trotz ich vielleicht mit einem großen Abbildungsmaßstab arbeite.
  2. Raw-Entwicklung - Nach dem Sichten/Sortieren der Aufnahmen werden immer die Aufnahmen einer Serie zusammen oder zumindest identisch entwickelt.
    • Hilfreich ist, sich die Einzelaufnahmen als Serien gleich in entsprechende Unterordner abspeichern zu lassen (digiCamControl oder Camera Control Pro 2) oder nach dem Laden von der Speicherkarte in entsprechende Ordner sortieren.
    • Wie oben schon angemerkt, ist es wichtig, dass die Aufnahmen möglichst identisch in Belichtung und Farbe sind. Je einheitlicher die Einzelbilder diesbezüglich entwickelt werden, desto größer ist die Erfolgsquote beim anschließenden Composing in Photoshop oder mit einer anderen Bildbearbeitungssoftware.
    • Wenn die Raw-Bilder gewisse Schwankungen in Belichtung und Farbe haben, hatte ich mit folgendem Vorgehen sehr gute Erfahrungen gemacht: Eigentlich nutze ich die automatische Belichtung in Camera Raw nicht. Doch in diesem Fall kommt man rasch zu sehr guten Ergebnissen, mit denen es sich prima in Photoshop in Bezug auf Focus Stacking weiterarbeiten lässt. Neben Grundeinstellungen in den Bereichen Objektivprofil und Schärfen wird allenfalls noch die Klarheit, die Dynamik und etwas die Sättigung justiert. Beim Focus Stacking halte ich jedoch die Raw-Entwicklung auf ein gewisses Grund-Setting beschränkt.
    • Der Weg zu Photomerge in Photoshop, damit beginnt nämlich das Zusammensetzen der Einzelaufnahmen, ist unterschiedlich möglich.
      • Aus Camera Raw kann ich die entwickelten Aufnahmen sofort in Photoshop öffnen und die geöffneten Dateien via Photomerge ausrichten lassen.
      • In Photoshop kann ich über das Menü Datei/Automatisieren Photomerge aufrufen und gewünschte Dateien auswählen (Raw-Entwicklung ist dann zuvor schon abgeschlossen).
      • Wer mit Photoshop arbeitet, weiß, dass es dann auch noch den Weg aus der Adobe Bridge gibt ...
  3. Photoshop-Arbeit - Jetzt müssen die Einzelbilder korrekt ausgerichtet werden, um diese in einem zweiten Schritt überblenden zu können.
    • Mittels Photomerge werden die Bilder als Ebenen eingefügt und ausgerichtet. Dabei ist es wichtig, die Häkchen richtig zu setzen. Gute Erfahrungen habe ich mit dem Häkchen bei "Korrektur der geometrischen Verzerrung" gemacht. Restliche Einstellungen siehe beigefügten Screenshot unten.
    • Nachdem die Fotos als Ebenen eingefügt und ausgerichtet sind, müssen die Ebenen noch überblendet werden. Dazu werden alle Ebenen ausgewählt und über das Menü Bilder/Ebenen automatisch überblenden zusammengefügt (siehe auch hier beigefügten Screenshot).
  4. Finalisieren des Focus Stackings - Wenn bis hierhin alles geklappt hat, kann man die vorhandenen Ebenen auf eine Ebene zusammenführen und an den Feinschliff gehen ...

... als Ebene in einer neuen Datei zusammenführen und Ebenen ausrichten mittels Photomerge

... Ebenen automatisch überblenden


FAZIT: Eine wirklich tolle Geschichte, das Focus Stacking. Hier ist viel Potential, berauschend detailreiche Bilder zu schaffen. Bei aller Arbeit, die einem Photoshop und Co. abnehmen, bleibt jedoch viel Zeit am Rechner. Zudem ist der Aufwand für ein Bild dennoch recht hoch und lässt für spontane Kreativität wenig Spielraum

 

Klare Pros

  • richtig tolle Details
  • faszinierende Möglichkeit, Tiefenschärfe bewusst auszudehnen
Klare Contras
  • wenig Raum für Spontanität
  • beschränkt sich auf statische Szenen
  • hoher Aufwand bei der Bildbearbeitung
Damit:

 

  • tolle Spielwiese für ausgesprochene "Photoshopper"
  • Foto-Arbeit für Regentage, so man womöglich schon bei Sonne das Material geschossen hat
  • wer gerne kreativ das fotografiert, was ihn unterwegs anspringt, wird kaum dauerhaft Focus Stacking betreiben
  • cool für ab und an einmal, doch sehe ich das wie HDR-Fotos ... zuviel macht "satt"

 

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FOCUS STACKING

Tipps und Erfahrungen zu dieser Fototechnik

 

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